In ihrer Einführung beschreibt Astrid Hess die glückliche Fügung, durch die das Material für dieses Buch in den Familienarchiven entdeckt, und wie die Erinnerungen ihrer Urgrossmutter über viele Monate lohnender, wenn auch oft harter, gemeinsamer Arbeit übersetzt wurden. Alice Thiele Smith schrieb in hohem Alter gewissenhaft ihre Erinnerungen für ihre Enkel nieder, wobei die Schlichtheit ihres Stils für sich selbst schon sehr reizvoll ist. Natürlich behaupten wir nicht, dass das Buch eine völlig wörtliche Übersetzung ist, bzw. Alices Worte immer ganz genau wiedergegeben wurden. Zur Rechtfertigung der vereinzelten Freiheiten, die wir uns als Herausgeber nahmen, zitieren wir die Alice Lewis Carrolls – „und was für einen Zweck haben schliesslich Bücher, in denen überhaupt keine Bilder und Unterhaltungen vorkommen?“
Zusätzlich haben wir hier und da Dialogelemente in Alices Text eingefügt, die sich getreulich an den Duktus der ursprüngliche Erzählung halten. Sie wurden jedoch durch Details ergänzt, die wir aus vielen Briefen entnahmen, die Mitglieder der Smithfamilie aneinander geschrieben hatten. Denn diese sind ebenso der Schlüssel dazu, wie die Smiths sich wirklich ausdrückten, als auch zu den täglichen Angelegenheiten, die sie beschäftigten. Zusammen mit des Vaters Bericht über seine Jugend haben diese Briefe es uns ermöglicht, ein paar Daten oder andere Details zu korrigieren, in denen Alice irrte. Alle verwendeten Illustrationen und Photographien sind im Besitz der Familie.
Einerseits gibt uns Alices Erzählung einen genauen Bericht über ihre Mädchenzeit im ländlichen Aberdeenshire während der 1860er und 1870er Jahre. Als solche bietet sie uns eine anschauliche und malerische Schilderung des täglichen Lebens mit allen seinen Höhen und Tiefen im grossen Haushalt ihres Vaters. William Pirie Smith war Pfarrer der Free Church von Keig und Tough von 1845 bis 1881. Andererseits, wenn auch verborgen, berichtet die Geschichte dem einfühlsamen Leser wesentlich mehr. Während der Tod quälend häufig Gegenstand der Erzählung ist, bleibt die sexuelle Entwicklung von Alice und den überlebenden Geschwistern im Einklang mit den respektierlichen viktorianischen Konventionen ein völliges Tabu.
Man spürt das ganze Buch hindurch die offensichtlichen psychischen Spannungen. In wirklich jeder Hinsicht werden Alices Brüder völlig anders als sie und ihre Schwestern behandelt, schon bei der wesentlichen Frage der Bildung. Immer wieder zeigt sich Alices kaum verhüllte Frustration in diesem Punkt, und ihre Ambitionen werden regelmässig vereitelt. Trotzdem freut sie sich ehrlich über die Erfolge ihrer Brüder William, George und Charles. Sie schreibt von einer Zeit, als die ersten Bewegungen für die Gleichberechtigung der Geschlechter in Schottland von Frauen wie Sophia Jex-Blake initiiert wurden. Und obwohl sie ihre Sympathie dafür nie klar zum Ausdruck bringt, ist diese als eine ständige Irritation unter der Oberfläche des Textes zu spüren.
Für die ganze Familie war der älteste Bruder William Robertson Smith mit Recht das beste Symbol für Leistungen in der viktorianischen Periode, verwirklicht unter grossen Opfern und durch das Zusammenspiel intellektuellen Könnens, persönlicher Anstrengungen sowie einem unbeugsamem Kampfgeist in schlechten Zeiten.
In Alices Geschichte ist Wills Rolle als Führer, Unterstützer und Ratgeber stets sichtbar, jedoch müssen sie und ihre Schwestern unausweichlich untergeordnete Rollen ausfüllen. Von Kindheit an war es ihre gemeinsame Bestimmung durch die Tugenden rigorosen Trainings und Konditionierung fähige Ehefrauen und Mütter zu werden. Der bescheidene Erfolg, der ihnen in dieser Hinsicht beschieden war, ist eine der bittersüssen Ironien dieses Buches.